Wer sich mit dem Kauf eines Kastenwagen / Wohnmobil trägt, der muss sich mit vielen Fragen auseinander setzen. Grundriss, zulässiges Gesamtgewicht, Zuladung, Emissionsklassen und vieles mehr.
Für welche Variante man sich entscheidet, hängt sicherlich am Budget, an persönlichen Vorlieben und auch an der handwerklichen Begabung. Ein Fahrzeug selber auszubauen oder ausbauen zu lassen birgt allerdings viele Vorteile, insbesondere im Bereich Individualität und ermöglicht einen Zuschnitt auf die persönlichen Bedürfnisse. Ein fertiges Fahrzeug ist dagegen häufig schneller zu haben und ermöglicht einen schnellen Start ins Camperleben. Auch wir haben uns lange die Frage gestellt, ob wir einen neuen Kastenwagen kaufen oder einen gebrauchten. Einer der wichtigsten Punkte war für uns lange die Emissionsklasse des Motors, da wir mitten in der Umweltzone leben.
Variante 1: Neuer Kastenwagen / Wohnmobil / Campervan
Ein neuer Kastenwagen bzw. ein neues Wohnmobil hat viele Vorteile, birgt aber auch einige Nachteile. Einen neuen Kastenwagen bzw. ein neues Wohnmobil kann man für einen überschaubaren Kaufpreis fertig ausgebaut von der Stange kaufen und direkt in den Urlaub starten. Zumindest wenn man das Fahrzeug vom Hof eines Händlers kauft und nicht entsprechend der eigenen Vorlieben aus dem Katalog zusammenstellt und bestellt.
In dem Fall muss man deutliche Wartezeiten einplanen, denn aktuell ist die Nachfrage nach Kastenwagen und Wohnmobilen sehr hoch und entsprechend auch die Lieferzeiten lang. Diese können aktuell tatsächlich bis zu einem Jahr betragen. Wer sich mit dem Kauf eines neuen Fahrzeuges auseinander setzt, der sollte sich daher einen guten Überblick verschaffen und erst nach reiflicher Überlegung einen Kaufvertrag unterscheiben. Um einen Überblick zu erhalten eignet sich bspw. der Caravan Salon in Düsseldorf.
Die Neu-Fahrzeuge sind häufig durchdacht, bringen modernen Standard mit und sind schlicht auf dem Stand der Technik. Wer allerdings in einer Umweltzone wohnt, sollte ein Neu-Fahrzeug nicht mehr ohne Euro 6d erwerben. Ansonsten kann es einem passieren, dass man auf einmal nicht mehr vor die eigene Haustüre fahren kann.
Bei Kastenwagen handelt es sich meist um Fiat Ducatos, Citroën Jumper (weitestgehenst baugleich) seltener um Sprinter / Crafter oder Transit. Bei Wohnmobilen (also mit Aufbau) handelt es sich ebenfalls häufig um Fiat Ducatos, neuerdings sieht man allerdings auch häufiger Ford Transits. Bei höherpreisigen Modellen auch schon mal Iveco Daily.
Die meisten Fahrzeuge bewegen sich in der 3,5t Klasse, da viele aufgrund der Fahrerlaubnis nicht mehr Fahrzeuggewicht bewegen dürfen. Die Zuladung ist daher häufig sehr begrenzt, gerade bei mehreren Personen kommt man schnell an die Grenzen.
Entsprechend ist daher auch der Ausbau der Fahrzeuge. Es herrscht inzwischen überall Leichtbau vor, was sich bei einigen Herstellern auch bemerkbar macht. So wird an Materialstärken gespart, Scharniere und Befestigungen sind mitunter so schlecht, dass diese bei zu starkem betätigen von Klappen gerne mal aufgrund von 15mm Schrauben schon aus dem Material brechen oder selbst das Gelenk des Scharniers versagt. Schaut daher bei eurem Wunschmodell ganz genau hin und kauft nicht nur ausschließlich über den Preis. Dennoch muss Qualität nicht zwingend teuer sein.
Variante 2: Gebrauchter Kastenwagen / Wohnmobil / Campervan
Ein gebrauchter Kastenwagen bzw. Wohnmobil steht bei schneller Entscheidung mitunter innerhalb von ein paar Tagen vor eurer Türe und ihr könnt direkt in den Urlaub starten. Auch bei einem gebrauchten Fahrzeug solltet ihr sehr genau hinschauen. Handelt es sich um ein recht neues Modell, kommen diese Fahrzeuge häufig aus der Vermietung. Vermietfahrzeuge haben meist etwa eine 6-12 monatige Vermietzeit hinter sich. Unsere Erfahrung ist es, das mit diesen Fahrzeugen nicht unbedingt pfleglich umgegangen wurde. Hier solltet ihr euch den Ausbau und insbesondere alle beweglichen Elemente genau anschauen. Auch den Unterboden sollte man inspizieren. Gerne werden auch mal befestigte Wege verlassen. Grundsätzlich spricht allerdings nichts gegen einen ehemaligen Mietcamper, wenn man diesen zu einem guten Preis erwerben kann. Bei entsprechend jungen Fahrzeugen habt ihr zudem die Chance, dass diese der modernen Abgaseinstufung entsprechen.
Entscheidet man sich stattdessen für einen älteren gebrauchten Kastenwagen / Wohnmobil sieht die Sache schon anders aus. Bereits mit einem Euro 5 Fahrzeug hat man aktuell keine Ahnung, wie die Zufahrtsbeschränkungen für die Umweltzonen demnächst aussehen werden. Mit einem wenige Jahre altem Kastenwagen / Wohnmobil mit Euro 4 sieht es in Zukunft noch deutlich weniger rosig aus. Wer nun weit ab von Umweltzonen wohnt und nicht vor hat welche zu befahren, der kann sich glücklich schätzen, denn entsprechende Fahrzeuge werde wohl in naher Zukunft deutlich günstiger zu haben sein. Ihr solltet aber eben im Auge behalten, das eure teure Anschaffung eventuell stark an Wert einbüßt, weil das Fahrzeug eben nicht mehr überall bewegt werden kann.
Ansonsten gilt wie bei Variante 1, das Fahrzeug genau zu inspizieren: Schaut euch alle Klappen und Türen an, kontrolliert bei gerbrauchten Fahrzeugen zudem die Technik. Funktionieren Kühlschrank, Markise, Gasbrenner, werden die Füllstände von Tanks und Batterie korrekt angezeigt und so weiter. Je älter ein Fahrzeug umso genauer solltet ihr hinschauen, allerdings solltet ihr natürlich nicht außer Acht lassen, das bei älteren Fahrzeugen durchaus Reparaturen an Fahrzeug, Technik oder Ausbau notwendig und eingeplant werden sollten. Das perfekte gebrauchte Fahrzeug werdet ihr kaum finden.
Variante 3: Selbstausbau eines Kastenwagen oder individuell ausbauen lassen.
Die Königsdisziplin ist es sicherlich, sein Wohnmobil oder Kastenwagen selber auszubauen oder ausbauen zu lassen. Wer ausbauen lässt, benötigt ein entsprechendes Budget, eine Liste von Ausbauern findet ihr an anderer Stelle hier bei Camperholic.
Ein gewisses Maß an handwerkliches Geschick benötigt man dagegen, wenn man die Arbeiten selber durchführen will. Viele Dinge sind nicht sonderlich schwer und wer den einen oder anderen Handwerker im Freundeskreis hat, der bekommt auch die anderen Arbeiten problemlos gestemmt.
Ein Selbstausbau umfasst einen gewissen Planungsaufwand, man muss ich zunächst einmal richtig hineindenken. Ein Selbstausbau beginnt mit einer Planung im Kopf, die man dann auf Papier bringt und schlussendlich im Fahrzeug umsetzt. Ein Selbstausbau ist zudem mit nahezu jedem Budget möglich, warum gerade auch viele junge Leute insbesondere diese Variante bevorzugen. Die günstigste Variante des Selbstausbaus ist es sicherlich, einfach ein Bett aus Kanthölzern zu realisieren und darauf eine Matratze zu legen. Dazu ein Campingkocher, der auch für Innenräume geeignet ist, ein Waschbecken und zwei Wasserkanister (Frisch-/Abwasser). Auf eine Nasszelle wird gerne verzichtet, auf eine Toilette häufig auch oder schlicht in Form eines günstigen Porta Potti realisiert. Ein alter Handwerker-Kastenwagen bei einem solchen Ausbau häufig die Basis.
Dennoch, auch einen Selbstausbau lässt sich so realisieren, das dieser einem gekauften Kastenwagen / Wohnmobil in nichts nachsteht, sondern qualitativ deutlich darüber liegt. Es gibt viele Selbstausbauer, die sich neue Kastenwagen kaufen und in diesen fantastische Ausbauten realisieren, ganz auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten. So bspw. Familienvans, mit bis zu sechs Sitz- und Schlafplätzen, Enduro-Transporter mit großen Heckgaragen und Senkbetten über diesen, Kastenwagen die komplett auf die Nutzung durch nur eine Person ausgelegt sind oder Festival-Vans, mit mehreren Kühlschränken, großem Sitzbereich der zum Schlafen umgebaut werden kann und genug Power für eine große Musikanlage. Alles individuelle Lösungen, realisiert in nagelneuen Kastenwagen, mit entsprechendem Budget und ebenso garantiert nicht von der Stange erwerbbar.
Variante 4: Historischer Kastenwagen / Wohnmobil / Campervan mit H-Kennzeichen
Eine weitere Möglichkeit ist der Erwerb eines historischen Campers. Ebenso wird es bezügliche der Emissionsklasse wieder entspannt, wenn man sich für ein historisches Gefährt entscheidet, den mit einem solchen Camper darf man Umweltzonen wieder befahren. Hierfür muss das Fahrzeug allerdings mindestens 30 Jahre alt sein, sollte sich in einem guten Zustand befinden und nicht sonderlich stark verändert worden sein. Dann kann man sich ein H-Kennzeichen (H steht für Historisch) besorgen und darf auch Umweltzonen wieder ohne Einschränkung befahren.
Das H-Kennzeichen ist eine Art von Ausnahmegenehmigung für Fahrzeuge mit entsprechendem Alter, welche so als Kulturgut eingestuft werden. Das impliziert aber bereits, dass nicht jedes alte Auto eine solch begehrte Einstufung erhält und bei jeder neuen Hauptuntersuchung wird theoretisch auch überprüft ob das Fahrzeug das H-Kennzeichen noch verdient.
Entscheidet man sich für einen Selbstausbau eines alten Fahrzeugs, dann wird es mit dem H-Kennzeichen allerdings schwierig, da das Fahrzeug nicht mehr dem Originalzustand entspricht. Einfacher ist es also, ein altes Fahrzeug zu kaufen, das bereits als Campervan / Wohnmobil gebaut oder neuwertig umgebaut wurde.
Jetzt ein historisches Fahrzeug zu kaufen und jetzt erst zu einem Campervan / Wohnmobil umzubauen kann durchaus dazu führen, dass einem das begehrte H verweigert wird. Oder man muss einen Prüfer finden, der seinen Auslegungsspielraum nutzt, denn es heißt in den Bedingungen zum H-Kennzeichen etwas schwammig:
- Änderungen, die nachweislich innerhalb der ersten 10 Jahre nach Erstzulassung oder gegebenenfalls Herstellungsdatum erfolgt sind oder hätten erfolgen können, sowie Änderungen innerhalb der Fahrzeugbaureihe, sind zulässig. Nicht zeitgenössische Änderungen, die nachweislich vor mindestens 30 Jahren durgeführt wurden, sind auch zulässig.
Man sollte aber bei Erwerb eines richtig alten Campers nicht außer Acht lassen, das diese mitunter in einem ziemlich abgewohnten Zustand sind und Technik und Ausbau weder den optischen wie ästhetischen Ansprüchen von jedem genügen. Man muss sich zudem klar sein, das erheblicher Investitionsaufwand auf einen zukommen kann, um einen alten Camper zu unterhalten und fahrtüchtig zu halten. Solche alten Fahrzeuge sind zudem durchaus anfälliger für Reparaturen und jeder Urlaub kann so durchaus zu einem Abendheuer werden, muss aber nicht.
Für welche Variante wir uns entschieden haben
Wir trugen uns lange mit dem Gedanken ein neues Fahrzeug zu kaufen. Entweder direkt von der Stange oder aber als Leerfahrzeug, um dieses entsprechend unseren Bedürfnissen auszubauen. Insgesamt haben wir nahezu zwei Jahre nach einem entsprechenden Fahrzeug gesucht. Zwischendurch hätten wir tatsächlich fast ein neues Fahrzeug gekauft. Die Angebote lagen schon auf dem Tisch. So richtig hat uns aber keines der Fahrzeuge zugesagt.
Wer bereits ein wenig auf Camperholic gelesen hat, der weiß dass für uns ein Fahrzeug noch einigermaßen kompakt sein muss. In Frage kamen für uns so nur Fahrzeuge mit einer Länge von maximal 6,3 Metern (also Kastenwagen wie Mercedes Sprinter, Iveco Daily, Ford Transit, Fiat Ducato oder Vorgängermodelle). Am liebsten hätten wir zudem ein Fahrzeug mit Allrad erworben, was jedoch sowohl an der Verfügbarkeit wie auch den absolut überzeugen Gebrauchtfahrzeugpreisen gescheitert ist. Dabei ist es aktuell übrigens unerheblich, ob der Kastenwagen mit Allrad fertig ausgebaut oder noch ausgebaut werden muss.
Wir hatten im Mai 2018 jedenfalls keine Lust noch länger zu suchen und haben uns recht spontan einen gebrauchten Kastenwagen zugelegt. Bei der VEBEG haben wir einen alten Mercedes 711d Bus der Landespolizei ersteigert, den wir nun in den nächsten Wochen / Monaten nach und nach restaurieren und zum Wohnmobil umbauen werden.
Unser Kastenwagen ist von 1993, somit ein Youngtimer mit 26 Jahren auf dem Buckel und fällt damit erst einmal unter die Variante 3 „leerer Kasten + Selbstausbau“. Ob wir in etwa vier Jahren ein H dem Kennzeichen hinzufügen können, werden wir dann sehen müssen. Zunächst gehen wir nicht davon aus. Unser Mercedes ist ein Hecktriebler, hat einen LKW Motor mit 4 Litern Hubraum und 102 PS. Das zulässiges Gesamtgewicht liegt bei 5,9 Tonnen, wird von uns sicherlich aber noch etwas abgelastet werden. Damit ist unsere Fahrzeugwahl nicht für jeden geeignet, denn der 711d ist nur mit dem alten 3er Führerschein oder eben LKW Führerschein fahrbar.
Wir haben uns ganz bewusst für entsprechend altes Modell entschieden. In unserem Fall war der Kaufpreis niedrig, der Erhaltungszustand recht gut und die Technik ist einfach, übersichtlich und gut reparierbar. Das Raumgefühl im 711d ist nahezu überragend und nicht mit neuen modernen Kastenwagen vergleichbar. Die neueren, heutigen Modelle laufen alle nach oben hin konisch zu, was den Innenraum beschränkt. Der 711d (oder auch neuer Mercedes Vario, bis 2013 gebaut) ist dagegen noch ein echter Kasten.
Wir wohnen in der Kölner Innenstadt und damit mitten in der Umweltzone. Eine grüne Plakette gibt es für unseren Kasten allerdings nicht und nach aktuellem Stand ist auch ein Dieselpartikelfilter nicht so einfach nachrüstbar, da im Fahrzeugschein keine Emissionsklasse angegeben wurde. Unser Fahrzeug parkt daher außerhalb und ist tatsächlich eine Anschaffung ausschließlich für Urlaube und Wochenendausflüge. So haben wir uns trotz Umweltzone ganz bewusst gegen ein Fahrzeug entschieden, das diese befahren darf. Ursprünglich wollten wir einen Dieselpartikelfilter nachrüsten, was nach aktuellem Stand aber wohl nicht oder nur mit erheblichen Aufwand möglich ist. Wer sich für so ein Fahrzeug entscheidet, der muss natürlich wissen, das insbesondere Städtetrips schlicht nicht möglich sind, denn in ganz Europa gibt es immer mehr Umweltzonen. Dennoch sind unser Kosten- und Risikoaufwand recht niedrig. Die Anschaffungskosten waren überschaubar, die Ausbaukosten können wir individuell festlegen und steuern. Eventuell besteht in wenigen Jahren die Möglichkeit auf ein H-Kennzeichen und wenn nicht, dann ist dies auch nicht tragisch.
In naher Zukunft dann mehr zum Ausbau unseres neuen Familienmitgliedes.