Das Wort Exot habe ich ganz bewusst gewählt. Der Vario wurde von Mercedes Benz sogar bis 2013 gebaut (ja echt wahr!!!) und ist dennoch im Reisemobilmarkt eher ein Exot. Der Vario ist ein eigentlich ein leichter LKW, aber eben auch ein Kastenwagen. Ein Kastenwagen für die ganz schweren Fälle. Bis zu 7500 kg zulässiges Gesamtgewicht sind bei dem Fahrzeug kein Problem. Allerdings liegt auch das Leergewicht schon über 3,5t. Fertige Kastenwagen als Wohnmobil auf Vario Basis wird man zudem kaum finden und wenn dann handelt es sich in der Regel um einen individuellen Ausbau.

Man muss sich beim Vario zudem klar sein, das man einen LKW bewegt, mit all seinen Vor- und Nachteilen. Meldet man das Fahrzeug als Wohnmobil an, so bedeutet das in Deutschland max. 100 Km/h auf der Autobahn und 80km/h auf der Landstraße. Es variiert allerdings je nach Land, die komplette Übersicht hier beim ADAC.

Variationsvielfalt

Sucht man nun einen gerauchten Vario, um das Fahrzeug in ein Reisemobil zu verwandeln, so  hat man die Qual der Wahl. Das Wort Vario war bei dem Mercedes durchaus Programm: In über 60 verschiedenen Ausführungen konnte man den Vario erhalten. Allerdings nur ein Bruchteil davon als Kastenwagen. Es gibt den Kastenwagen mit Doppelkabine und kurzer Ladefläche, als Einzelkabine mit großer Ladefläche, mit und ohne Hochdach. Mit Schiebetür oder Klapptüre an der Seite. Alternativ auch ganz ohne Seitentüren. Laderaum mit oder ohne Fenstern. Als Heckantrieb oder auch mit Allrad, und so weiter!

Abmaße und Technik des Varios

Zum Ausbau bietet sich ein Vario mit Hochdach an. Dieser hat in etwa dieselbe Höhe im Laderaum, die man auch bei einem Fiat Ducato L4H2 erhält: Ducato 1930mm vs. Mercedes Vario 1930mm! Beim Mercedes Vario erhält man allerdings in der Breite 30mm zusätzlich: Fiat Ducato 1870mm vs. Mercedes Vario 1900mm! Querbetten werden so also auch für größere Personen realisierbar. Auch im Vergleich zu den Fahreigenschaften, kann der Vario durchaus punkten. Das Fahrzeug ist in den Abmaßen durchaus übersichtlich und lässt sich als mittlere Variante auch im Stadtverkehr gut bewegen. Auch PKW Parkplätze sind so nutzbar. Beim Wendekreis spielt das Fahrzeug zudem durchaus in derselben Liga mit, wie die moderneren Transporter:

  • Wendekreis MB Vario (6,20m) = 13,40 Meter
  • Wendekreis MB Sprinter (6m) = 13,40 Meter
  • Wendekreis Iveco Daily (6m) = 12,74 Meter
  • Wendekreis Ducato (6m) = 14,30 Meter
  • Wendekreis Ford Transit (6m) = 13,30 m

ESP und ähnlichen Schnickschnack sucht man dagegen vergeblich. Ausschließlich ABS ist vorhanden. Dafür erhält man eine Druckluftbremsanlage (teilweise auch zusätzliche Motorbremse) und einen luftgefederten Schwingsitz auf der Fahrerseite. Auf der Beifahrerseite nur gegen deutlichen Aufpreis. Gar nicht lieferbar ist auf der Beifahrerseite ein Airbag. Selbst bei den letzten Modellen nicht.

Die wirklich robusten Motoren sind für ihre Anspruchslosigkeit und Langlebigkeit bekannt und auch unter schweren Bedingungen ist Verlass auf die Motorentechnik.  Allerdings ist der Vario auch ein rauer Geselle. Im Vergleich zu modernen Transportern, die durchaus PKW ähnliche Fahreigenschaften und Geräuschkulissen aufweisen, kann der Vario seine Herkunft aus dem Nutzfahrzeugsektor nicht verheimlichen. Das Geräusch der etwa 4,25 Liter starken Motoren ist im Fahrerhaus deutlich wahrnehmbar. Eine Sache, bei der man sich bei anderen Transportern durchaus mal Gedanken macht, das bringt der Vario dagegen von Haus aus mit: Die Bodenfreiheit bspw. gegenüber einem Fiat Ducato ist deutlich größer. Der Einsatz des Fahrzeuges auch mal in unwegsamem Gelände ist somit durchaus unproblematischer. In der Regel hat der Vario zudem an der Hinterachse bereits Doppelbereifung.

Bei den 4 Zylinder und 4,25 Liter starken Motoren (nein nicht der Durchschnittsverbrauch, sondern Hubraum) handelt es sich um LKW Motoren. Die Leistung der Motoren variiert je nach Modelljahr zwischen 129 und 177 PS. Die komplette Übersetzung ist entsprechend ausgelegt und man fährt die rechtlich max. möglichen 100 km/h bei etwa 1700 U/min. Dank des hohen Drehmoments (500-675 Nm bei 1200-1600 U/min) ist zudem schaltfaules Fahren durchaus möglich.

Problematisch ist allerdings die Einordnung in die aktuellen Schadstoffklassen. Bis Bj. 2006 erhält man mit dem Mercedes Vario nur die gelbe Plakette (Euro 3). Erst Modelle danach haben eine grüne Feinstaubplakette (Euro 4, später Euro 5). Eine Umrüstung auf Partikelfilter kostet etwa 5.000 Euro und ist daher nicht sonderlich praktikabel. Wie lange man mit Euro 4 / 5 zudem die Umweltzonen noch befahren darf, ist darüber hinaus aktuell ziemlich unklar.

Die Ersatzteilverfügbarkeit ist in ganz Europa und auch jenseits sehr gut. Die Technik ist wie bereits erwähnt absolut robust und erprobt. Spricht man über den Vario, so heißt es schnell mal: Bei 100.000 km Laufleistung ist der Wagen gerade einmal eingefahren. Leider aber auch: Nur der Rost kann ihn stoppen. Wer jedoch hier vorbeugt kann einen Kasten erwerben, der wirklich lange Freude macht.

Zusammenfassend:

+ sehr gute Ersatzteilverfügbarkeit

+ robuste und erprobte Technik

+ wenig Elektronik

+ Bodenfreiheit

+ hohe Zuladung

– nur Fahrerairbag

– Fahrzeuge ganz selten nur mit Klimatisierung

– meist nur Euro 3, wenige mit Euro 4 und ganz wenige mit Euro 5

– Leergewicht immer über 3,5t

– keine modernen elektronischen Spielereien (ABS hat er aber)

– Cockpit eines Nutzfahrzeuges

– teilweise hoher Anschaffungspreis, gute Fahrzeuge selten

Gebrauchtes Fahrzeug kaufen

Gebrauchte Vario’s haben allerdings häufig ein heftiges Berufsleben hinter sich. Man sollte sich die Fahrzeuge daher wirklich gut anschauen. Wo die Technik grundsolide ist, ist das Erscheinungsbild häufig ernüchternd und stark abgenutzt. Es kommen allerdings immer mal wieder wirklich gute Varios mit geringer Laufleistung auf den Markt. Meist handelt es sich dabei um Fahrzeuge aus dem kommunalen Bestand. Geringe Laufleistungen, guter Gesamtzustand und übersichtliche Preisvorstellungen. Wer sich also einen Selbstausbau zutraut, erhält ein Fahrzeug, das gut und gerne für 500t km und mehr gut ist.

Familienmodell?

Spinnen wir mal rum, warum wäre ein Mercedes Vario durchaus ein Grundriss für Familien? Das Fahrzeug ist tatsächlich nahezu quadratisch und praktisch. Der Laderaum verengt sich zum Dach nahezu nicht, was durchaus Vorteile beim Ausbau bedeutet. So lassen sich Querbetten im Heck sehr gut umsetzen und bieten viel Platz in der Länge. Ein Hubbett im Bug könnte aufgrund der geringen Innenraumhöhe allerdings durchaus problematisch umzusetzen sein. Große Personen werden mit 1930mm Innenraumhöhe zudem eventuell nicht glücklich mit dem Fahrzeug. Auf der Laderaumlänge von 4050mm lässt sich dagegen durchaus ein praktikabler Grundriss umsetzen.

Der Vario bietet je nach Ausführung ein zulässiges Gesamtgewicht von 5,0 bis hin zu 7,5 Tonnen. Das ermöglicht eine enorme Zuladung. Man muss sich keinerlei Gedanken mehr machen, ob man Melamin Geschirr oder Porzellan verwenden will. Auch auf eine zusätzliche Jacke oder Paar Schuhe kommt es nicht an. Auf das Dach könnte man einen großzügigen Dachgepäckträger packen, auf den man sämtliches Equipment (Kanus, Surfbretter, …) problemlos transportieren könnte. Auch am Heck könnte man sich diverse Anbauten vorstellen, die zusätzliche Mobilität (Fahrräder, Moped, …) gewährleisten. Ich könnte mir durchaus einen Mercedes Vario aus Basisfahrzeug vorstellen. Auch wenn man sich dann von den 3,5t zulässigen Gesamtgewicht verabschieden müsste. Man muss sich dann aber auch über genau dieses Thema keinerlei Gedanken mehr machen. Wenn man das Fahrzeug allerdings auch im Alltag bewegen will, so stellt sich dann doch wieder die Frage, reichen mir 100 km/h? Das muss dann jeder mit sich selber ausmachen.

Umgesetzte Umbauten auf Basis Mercedes Vario:

Bei den drei Beispielen handelt es sich um auf zwei Personen ausgelegte Umbauten, doch es wird ersichtlich, was möglich ist / wäre:

Downloads:

Bilder: Prospekt Mercedes Benz NFZ

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